„Jetzt sitz doch endlich mal still!“ Edith wirft mir einen genervten Blick zu. Seit einer gefühlten Ewigkeit sind wir schon auf dem Weg nach Apfelberg und während ich auf dem Beifahrersitz immer öfter hin und her rutsche, muss sich Edith auf den Verkehr konzentrieren. Meine beste Freundin ist normalerweise die Ruhe selbst, doch heute habe ich es zu weit getrieben. „Ich bin aufgeregt!“ Meine braunen Augen schimmern hinter den Brillengläsern meiner schwarzen Nerdbrille matt, während meine Stimme fast schon ein wenig schrill klingt. „Beruhig dich! Du wirst auf Nightwing genau das machen, was du die letzten Jahre auch gemacht hast: Reiten und die besten Sättel und Trensen herstellen die es auf dem Markt gibt.“ Ihre ruhige Stimme und der Nachrdruck mit dem sie es sagt, lässt mich zumindest die nächsten 5 Minuten ruhig im Auto sitzen.
Dann krame ich in meiner Jackentasche und ziehe einen zerknitterten Briefumschlag heraus. Der Zettel, der in ebenjenem steckt, sieht noch schlimmer aus, als der Umschlag. Nervös spiele ich mit dem Zettel. „Sarah Eleonore, du kennst den Inhalt dieses Zettels wahrscheinlich schon auswendig. Also steck ihn wieder ein und versuch deinen Kopf auszuschalten!“ Ich zucke zusammen. Ediths Stimme, jetzt laut und befehlend, durchdringt überraschend die eigentlich angenehme Stille im Auto. Sie hat recht, ich sollte mich nicht von meiner Angst beherrschen lassen schießt es mir durch den Kopf, bevor ich kurz den Inhalt des Zettels im Kopf durchgehe.
„Duplici Corde – zweifaches Band, zwei Herzen und ein Verstand - das ist der Mensch zu Pferde. - Alessandro Alvisi
Sehr geehrte Frau Winterberg, Wie freuen uns sehr darüber, dass Sie unser Angebot auf Gestüt Nightwing die Sattlerei mit Leben zu füllen angenommen haben. Wir erwarten Sie ab dem 20.03.2015 auf dem Gestüt.
Mit freundlichen Grüßen Lilly und Lucy Castle“
Es ist immer noch wie ein Traum. Nightwing, Apfelberg. So weit weg von dem Leben was ich bisher geführt habe. So weit weg von meiner Vergangenheit und den Problemen aus der anderen Welt. Lächelnd lehne ich mich in meinem Sitz zurück und schließe die Augen. Es wird Zeit, dass ich mich ein wenig Beruhige. So aufgedreht nütze ich niemandem etwas.
„Hey Sarah, aufwachen.“ Ediths Stimme und ihre Hand an meiner Schulter weckt mich so sanft wie sie es die letzten Jahre getan hat. Ich blinzle. Feldstraße 10, mein neues Zuhause, viel Platz, viel Luxus zum Entspannen. Plötzlich ist es ganz einfach ehrlich und offen zu lächeln. Edith neben mir grinst. Jaja sie hat ja recht denke ich. Nachdem wir ausgestiegen sind kommt uns eine junge Frau aus dem Haus entgegen. „Sie müssen Frau Winterberg sein!“ „Guten Tag Frau Rozales.“ Ihre Stimme ist freundlich, meine ebenfalls. Sie streckt mir die Hand entgegen. „Kelly bitte, wir sind doch fast gleichalt.“ Ich nicke und ergreife ihre Hand. „Sarah und das ist Edith.“ Kelly nickt. „Du ziehst aber nicht nach Apfelberg oder?“ Edith schüttelt grinsend den Kopf. „Mich zieht es weiter nach Leightning.“ „Alles klar. Den Vertrag unterschreiben wir am Besten drinnen.“ Kelly zwinkert mir zu. Sie ist keine typische Maklerin und das Gefällt mir außerordentlich gut. Immer noch lächelnd folgen Edith und ich Kelly ins Haus.
„Die vier gleichgroßen Zimmer befinden sich oben in der ersten Etage, ebenfalls ein großes Bad. Jeweils zwei Zimmer teilen sich einen Balkon. Der Balkon auf der linken Seite zeigt nach Osten, der rechts nach Westen, sodass die Terrasse mit kleinem Garten und Pool zur Südseite zeigen.“ Während Kelly uns die obere Etage mit Worten beschreibt führt uns ebenjene ins Wohnzimmer.
„Dem Wohnzimmer schließt sich ein kleines Bad und ein Abstellraum an. Auf der anderen Seite hast du die Küche und noch einmal ein großes Bad.“ Ich nicke. „Das Haus liegt 3,5km von Nightwing entfernt und kostet 1000N‘s warm.“ Ich lächle und setzte meine Unterschrift unter den Vertrag. Kelly lächelt mich breit an und streckt mir die Hand entgegen.
„Willkommen in Apfelberg!“ Ich ergreife ihre Hand. „Danke!“ Unser Händedruck ist kräftig aber herzlich. „Du wirst im Übrigen nicht lange allein sein. Marielle hat ihr Interesse an diesem Objekt bekundet.“ Ich nicke. Gegen Gesellschaft hatte ich noch nie etwas einzuwenden. „Kein Problem, bring sie her. Ich kann lieb sein.“ Jetzt erklingt Kellys Lachen, laut, hell und absolut ansteckend. „Das ist doch schon mal eine gute Basis!“ Damit dreht sich Kelly um und verlässt mit dem Original des Vertrages das Haus, während die Durchschrift für mich noch auf dem Tisch liegt.
Wenige Minuten später liegen meine wenigen Habseligkeiten die ich mitgenommen habe in meinem Zimmer. Schlafsack, Klamotten für die nächsten Tage, meine Reitsacken, Handy, Laptop, Waschsachen. Meine heile Welt.
„Ich wird dann mal weiter. Kommst du zurecht?“ Edith steht im Türrahmen. Ihre krausen hellbraunen Haare wie immer zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden, ihre grünen Augen sanft und beruhigend. Ich werde sie vermissen. Auch wenn sie nur ein Stück weiter wohnt. Es wird etwas anderes sein sie nicht jeden Tag zu sehen. „Ich denke schon. Das wichtigste hab ich hier und der Rest kommt dann in ein paar Tagen.“ Ich trete zu ihr und umarme sie fest.
„Pass auf dich auf und fahr vorsichtig. Ruf an wenn du da bist.“ Ihre Umarmung ist kräftig und herzlich. „Mach ich. Und du schaust dir Nightwing an und dein neues Pferd. Es wird dich auf andere Gedanken bringen.“ Ich seufze tief. Warum nur kennt mich Edith so gut? Weil sie meine beste Freundin ist… Dann ist Edith weg und in meinem inneren macht sich leere breit.
Allein sein war noch nie meine große Stärke. Zum Glück kommt Marielle bald. Ich atme tief durch, springe dann in meine schwarzen Stiefel, die beige Reithose und klemme mir meinen Reithelm unter den linken Arm. Dann verlasse ich das Haus und schaue mich unsicher um. Mein Orientierungssinn lässt mich mal wieder im Stich. Kaum zu glauben, dass ich mich in meinem alten Wohnort mit verbundenen Augen hätte bewegen können.
Ein Blick nach rechts, einer nach links, dann habe ich mich für rechts entschieden. Spätestens als ich an der alten Dorfkirche von Apfelberg angekommen bin hätte ich merken müssen, das es die falsche Entscheidung war. Apfelberg ist schön. Gemütlich, klein, familiär. Nach dem was mir in den letzten Wochen in meinem Leben passiert ist ist das hier wirklich Balsam für meine Seele.
In Gedanken versunken merke ich nicht, wie ich mit jemandem Zusammenstoße. „Alles in Ordnung?“ Blaue Augen fixieren mich. „ähm ja. Entschuldigung, ich war in Gedanken.“ Meine Augen mustern den Mann vor mir. Schwarze Haare, blaue Augen, Groß, aber schmal. „Du siehst aus als würdest du zu den Pferdeverrückten von Nightwing gehören.“ Seine Stimme ist tief, aber ruhig. Er wirkt ausgeglichen. „Ich bin heute erst angekommen und dachte ich schau mich mal ein wenig um.“ Ich zucke lächelnd mit den Schultern.
„Ist aber die falsche Richtung. Zu Nightwing geht’s da rauf!“ Er zeigt mit dem Daumen in die Richtung aus der ich gerade gekommen bin. „Danke ähm…“ „Sebastian.“ Er reicht mir seine Hand. „Sarah Eleonore, aber Sarah reicht.“ Ich ergreife seine Hand. „Alles klar Sarah.“ Er lächelt kurz, bevor er meine Hand loslässt und in Richtung Café davongeht. Kurz schüttle ich den Kopf. Keine 2 Stunden hier und schon wieder blamiert. Wirklich ein toller Rekord Sarah!
Der Weg zurück an meinem neuen Wohnhaus vorbei ist deutlich kürzer als mein Hinbumeln. Vielleicht weil ich jetzt den Weg kenne. Möglicherweise aber auch weil es mir in den Fingern juckt endlich zum Gestüt zu kommen.
3,5 km bin ich wahrscheinlich noch nie so schnell zurückgelegt. Aber als ich vor dem großen Torbogen stehe, wo zwischen zwei stählernen Flügeln "Nightwing" steht, weiß ich, dass es sich gelohnt hat. Hinter dem Tor geht es geschäftig zu. Einige Pferde sind auf den Reitplätzen und werden von ihren Reitern und Besitzern umher geführt. Lächelnd schlendere ich über den Hof. Einige Pferde stehen in ihren Boxen und strecken ihre Köpfe neugierig heraus. Ein Falbe hat es mir angetan. Eine schöne Fjordstute mit weiß-schwarzer Mähne und Schweif.
„Du bist ja ein braves Mädchen.“ Vorsichtig streiche ich ihr über den Hals. Bei fremden Pferden weiß man nie so genau. „Sie ist süß oder?“ Ich drehe mich um. Hinter mir stehen zwei total identisch aussehende Mädchen mit braunen Haaren. „Ja das ist sie. Ich bin Sarah Eleonore Winterberg und soll hier als Sattlerin anfangen.“ Ich lächle die beiden vorsichtig an. „Ich bin Lucy, dass ist Lilly. Wir sind die Hofbesitzer.“ Während mich Lucy herzlich anlächelt und mir die Hand entgegen streckt steht Lilly still daneben und mustert mich.
„Wie sollen wir dich nennen?“ Wieder ist es Lucy die mich anspricht. „Jeder nennt mich Sarah. Aber ich kann auch mit Eleonore leben.“ Ich grinse. „Deine Kollegin Saphira wird von mir schon Sarah gerufen. Dann werde ich dich wohl Eleonore rufen müssen, damit es nicht zu Verwechselungen kommt.“ Lucy grinst mich an. Ich nicke. „Ich bleibe bei Sarah.“ Das erste was Lilly in meiner Gegenwart sagt. Ich lächle sie freundlich an. „Nachdem wir das geklärt haben…“ Lucy zeigt auf die süße Fjordstute hinter mir „… das ist Müppi, dein Pferd bis du die Probezeit überstanden hast. Wenn du mit ihr zufrieden bist kannst du sie behalten.“
Ich lächle zufrieden und drehe mich zu meinem Pferd um und streichle ihr wieder den Hals. „Bevor wir uns weiter anfreunden sollte ich wohl den Vertrag unterschreiben oder?“ Meine Stimme klingt sehnsüchtig. Am liebsten würde ich Müppi sofort besser kennen lernen und meine negativen Gedanken hinter mich bringen, aber Papierkram muss nun mal sein. Lucy nickt und ich folge ihr und Lilly und Büro. Allerdings nicht ohne vorher noch einen sehnsuchtsvollen Blick in Richtung Müppi zu werfen.
Hallo Mädels, Ich habe mich jetzt mal ein bisschen durch die Mitglieder geklickt und weil meine erste Wahl als Probepferd schon vergeben ist (obwohl es nicht gekennzeichnet war ;) ) gehe ich jetzt einfach mal davon aus, dass ich Müppi als Probepferd habe. Lieber Gruß Sarah Eleonore
Ich wünsche euch allen einen wunderschönen guten Abend, im richtigen Leben heiße ich Denise, bin 20 Jahre alt und Studiere im Ruhrgebiet. Ich bin ganz ganz ganz früher mal geritten, aber nicht lange. Dennoch faszinieren mich Pferde und ich war schoneinmal bei einem VRH angemeldet. Leider sind viele ja inzwischen tod... Umso mehr freut es mich, dass ich nach etwas längerem Suchen einen aktiven und gut aufgestellten Vrh gefunden habe.
Jetzt zu Sarah Eleonore: Sarah (wie sie von allen genannt wird, außer von ihrem Vater der sie stehts mit ihrem vollen Namen anredet) ist 23 Jahre alt und kommt aus Rostock. Keine Großstadt, kein Kaff und doch kennt dort oben an der Ostsee irgendwie jeder jeden. Etwas, was Sarah zwar nie besonders toll fand, womit sie sich aber arrangiert hat. Mit ihren schulterlangen braunen Haaren und den braunen Augen, die sie gerne hinter einer schwarzen Nerd-Brille versteckt, ist sie nichts besonderes. Sie sticht nicht aus der Masse heraus, ihr ist eher dran gelegen in ihr unterzugehen. Was nicht immer gelingt, da es Sarah oft passiert dass sie erst den Mund aufmacht und dann denkt. Die Brünette ist ehrlich und direkt, niemals bösartig oder unter die Gürtellinie. Sie weiß wann es reicht. Wer sich ihr anvertraut der weiß, dass er mit einem offenen Ohr und einem guten Ratschlag rechnen kann.
Ihre Noten in der Schule (Abitur an einem Gymnasium mit 2,7) waren immer recht gut ohne dass sie sich dafür groß Anstrengen musste. Die Brünette gehörte nie zu irgendeiner Gruppe dazu, schwamm mit dem Strom, mal hier mal da. Immer gern gesehen, aber nie wirklich vermisst. Freunde sind für sie ein seltenes Gut, ebenso besondere Fähigkeiten oder Vorlieben für einen Themenbereich. Deswegen war es für die 1,72m große junge Frau recht schwer einen geeigneten Beruf für sich zu finden. Dabei hat ihr allerdings ihre Liebe zu den Pferden geholfen. Nachdem ihr ehemaliges Springpferd Loriot aufgrund eines Fehlers beim Sattel eine üble verletzung davongetragen hat, hat sie sich geschworen dazu beizutragen, dass diesen wunderbar loyalen Geschöpfen nichts passiert. Die Entscheidung Sattlerin zu werden stieß vor allem bei ihrem Vater nicht unbedingt auf fruchtbaren Boden. Der Beamte im Staatsdienst versteht bis heute nicht wieso sich seine älteste Tochter für einen Beruf entschieden hat der körperlich harte Arbeit und ein lausiges Gehalt beinhaltet.
Ihr Bruder Oliver Martin (Kurz Martin, 25), Berufssoldat aus überzeugung, hat ihr damals nur grinsend auf die Schulter geklopft. Die beiden Geschwister verbindet ihr eigener Kopf und ihre manchmal zu große Klappe. Am meisten vermisst Sarah in Apfelberg ihre jüngere Schwester Gwendolyn Luise (Kurz Gwen, 17 Jahre, Schülerin), allerdings hat diese versprochen Sarah in den Ferien besuchen zu kommen.
Sarah hat sich durchgesetzt, ist Sattlerin geworden, hat bei einer der besten Sattlerinnen Deutschlands Ilse Stöcker gelernt und gearbeitet. Doch irgendetwas fehlt. Etwas, was sie bisher nie hatte: Das Gefühl eine Aufgabe zu haben. Das Gefühl dazu zu gehören. Das Gefühl ein Zuhause zu haben.