Berichte von alten Mitgliedern » 3# Begrüßungswiehern

Schicksäle:
So ist das! -drin-
Auf in den Kampf! -drin-

Aufgabe:
Mit Sweet Honey spazieren gehen und sie verwöhnen.

Zur Länge:
Es sind ungefähr siebeneinhalb Seiten

Also! Das ist mein Januarberi. Erwartet bitte nicht zu viel von ihm. Die letzten beiden waren eindeutig besser, ich weiß.



Meine Augen brannten und mein Rücken tat mir vom gestrigen Sturz immer noch unheimlich weh. Aber am schlimmsten war das Gefühl versagt zu haben. Das Gefühl, alles falschgemacht zu haben. Wochenlang hatte ich mit Rubin Bodenarbeit gemacht. Sie hatte mir nicht entgegen gewiehert und sich beim Reiten auch nicht entspannt. Mein Gefühl, dass sie mich nur duldete war geblieben. Nun, damit hätte ich auskommen können, aber gestern war dann auch das kaputt gemacht worden. Normal hatte ich mich auf den Weg in den Stall gemacht. Aber als ich Rubin von der Koppel holen wollte, hatte sie sich umgedreht. Und war weg gegangen. Ich hatte sie einfangen können, aber in ihren Augen war Ablehnung zu sehen gewesen. Und dann war sie beim reiten die ganze Zeit verspannt gewesen. Draußen waren Leute mit Regenschirm vorbeigelaufen. Rubin war durchgegangen. Und ich war gegen die Bande geklatscht worden. Der Sturz war der Schlimmste gewesen, den ich je gehabt hatte. Mit Mühe hatte ich aufstehen können und war nur noch Schritt geritten…

Wieso also nicht mal einen Tag Zuhause bleiben? Ich überlegte ob ich einfach im Bett bleiben sollte und behaupten, mein Rücken tue so weh, das ich heute einfach mal da bleiben wollte. Ich fand mich mit dieser Antwort ab und versuchte noch einmal einzuschlafen. Schließlich war erst sieben Uhr. Aber kaum hatte ich die Augen geschlossen, überkam mich ein ungutes Gefühl. Rubin war mein eigenes Pferd. Auch wenn wir nicht gut miteinander auskamen, hatte ich doch eine Verantwortung ihr gegenüber. Ich musste mich um sie kümmern. Egal wie schlecht es mir ging. Es war meine Aufgabe. Also gut, dann wollten wir es doch noch mal zusammen versuchen. Ich wollte mich wie immer aus dem Bett schwingen, aber dann ging ein riesiger Schuss durch meinen Rücken. Leise fluchend ließ ich mich zurückfallen und erhob mich dann langsam wie eine alte Dame. Leise, um die anderen nicht zu wecken, schlich ich durch den Flur in die Küche. Dort ließ ich mich auf einen der Stühle fallen. Was sollte ich jetzt machen? Aufgrund das Januar war, war es jetzt um sieben Uhr noch stockdunkel. Also konnte ich sowieso noch nicht in den Stall. Außer ich wollte einen Ritt in den Sommermorgen unternehmen. Und das ging mit einem Pferd, dass noch nicht mal ins Gelände durfte ja wohl nicht. Was sollte ich also sonst machen?

Als erstes ging ich zur Kaffeemaschine um mir da einen Cappuccino rauszuholen. Dann wurde ich zumindest wach. Ich nahm eine Tasse aus dem Schrank und hielt sie darunter, während ich auf unterschiedliche Knöpfe drückte. Hoffentlich waren es die richtigen. Nein, sie waren es nicht. Jedenfalls kam heißes Wasser aus der verdammten Maschine. Was bitte war das? Ich fluchte wie ein Rohrspatz. Da erklang eine Stimme hinter mir: „Was machst du da Julia?“ Laura stand hinter mir. „Ich versuche die verdammt Kaffeemaschine zu überlisten, was denn sonst?“, antwortete ich ein wenig aggressiv. „Man wird ja wohl fragen dürfen“, schnappte Laura wütend. Da tat es mir gleich Leid. Es musste sie ja reizen gleich um Viertel nach sieben von Fluchen aufgeweckt und dann von einer Mitbewohnerin angezickt zu werden. Ich sah mich nach ihr um. Sie hatte sich stumm auf einen der Stühle gesetzt. Leise ging ich zu ihr. „Du, tut mir Leid“, flüsterte ich. „Ich war nur so gereizt von der Kaffeemaschine und…“ Laura nickte. „Verstehe ich. Was wolltest du überhaupt machen?“ „Einen Cappuccino“, antwortete ich. Laura ging vor und ließ die Kaffeemaschine an. Sie schien besser mit ihr auszukommen, als ich. Ich sah ihr zu und meine Gedanken schweiften wieder zu Rubin. Was konnte ich noch tun außer Bodenarbeit und Möhren? Ich hatte doch alles versucht und wir schafften es immer noch nicht… Ein erschreckender Gedanke schoss mir durch den Kopf. Konnte es sein, dass wir gar nicht so gut zueinander passten wie ich anfangs gedacht hatte…

„Ich bin fertig!“, rief Laura und setzte sich mit zwei Tassen (eine blau und eine grün) Cappuccino mir gegenüber. Eine, die Grüne schob sie mir zu. Der Zucker stand noch vom gestrigen Frühstück herum. Ich schüttete mir ein wenig rein und begann zu rühren. Sollte ich heute wirklich in den Stall? Gestern war es so eklig-grässlich gewesen. Eigentlich konnte ich doch Laura oder Flora die Aufgabe geben, Rubin ein bisschen zu longieren… aber dann siegte die Liebe zu meinem Pony. Sie war mein Pferd, mein eigenes Pferd… „gehst du heute schon wieder in den Stall?“, fragte im haargenau gleichen Moment Laura. „Natürlich“, ich tat als seihe ich die ganze Zeit schon fest dazu entschlossen gewesen. Laura nickte. „Wo ist Flora?“, erkundigte ich mich mit einem Blick auf die Uhr. Es war fast acht und sie müsste eigentlich gleich runterkommen. „Keine Ahnung“, antwortete sie. „Gestern war sie noch lange im Stall. Wahrscheinlich ist sie noch müde. Wie ist eigentlich das Wetter? Ich habe noch nicht rausgeschaut.“ „Ich auch nicht“, bemerkte ich. Langsam ging ich zum Fenster. Ich öffnete die türkis-grünen Vorhänge. Da blieben mir die Worte, die gerade hochkommen wollten im Halse stecken. Draußen war alles in weiß getaucht. Der erste Schnee, des Winter 2013/2014. „Laura komm her und schau selber!“, rief ich, als ich meine Sprache wieder gefunden hatte. Laura stellte sich neben mich und war erstmal fast so verblüfft wie ich. „Geil“, sagten wir gleichzeitig. Wir grinsten uns an und starrten weiter aus dem Fenster. „Guten Morgen!“, rief Flora die gerade die Treppe heruntergekommen war grinsend. „Guten Morgen!“, rief ich. „Habt ihr schon den Schnee gesehen?“, fragte sie uns. „Ja“, Laura nickte. „Gerade eben.“ „Macht ihr mit mir einen Schneeausritt?“, erkundigte sie sich. Laura nickte sofort begeistert und ich schüttelte seufzend den Kopf. „Ich kann mit meiner Kleinen noch nicht ins Gelände“, entschuldigte ich mich und sah die anderen an. „Du arme“, Laura nickte. „Vielleicht kannst du ja innerhalb des Winters mal jemanden von Lilly oder Lucy ausleihen. Ich nickte nachdenklich und fragte dann: „Soll ich was vom Bäcker holen? Dann könnten wir gemütlich zusammen frühstücken.“ „Au ja!“ Laura nickte und ich grinste. Ich hatte gewusst das meine Idee Interesse finden würde.

Ich schlüpfte in meinen Wintermantel und zog meine Reitstiefel an. Dann machte ich mich auf den Weg nach draußen. Der Schnee ging mir nach einer Nacht schneien schon fast bis an die Knie. Ich musste die Füße sehr hoch heben um nicht zu nass zu werden. Das half allerdings nicht im Mindesten etwas. Wieder mal wanderten meine Gedanken zu meiner kleinen Ponystute. Wieso hatte ich sie eigentlich erwählt? Sie konnte nicht ins Gelände und mochte mich nicht. Aber ich liebte sie und das war es was für mich galt. Vielleicht würde sich die Liebe irgendwann übertragen? Ich ging einfach querfeldein über eine verschneite Wiese. Plötzlich sah ich von weitem etwas. Dahinten war irgendetwas… ich blinzelte mit den Augen. Nein, das konnte nicht sein. Eine Reiterin im Kleid auf einem hübschen Schimmelhengst. Im Kleid? Im Winter? Verwirrt sah ich mich um. Was war das? Eine Luftspiegelung, im Winter? Wohl eher nicht. Ich konzentrierte mich ganz nah an das Pferd und die Reiterin heran. Sie verschwamm vor meinen Augen und war einfach weg. Was war das gewesen? Eine gewisse Anspannung umschloss meinen Körper, so fest, dass es mir beinahe die Luft abdrückte. War es am Ende etwas Gefährliches gewesen? Die Angst die ich spürte kam langsam hoch in meine Brust und ich bekam einen Würgreiz. Langsam ging ich weiter. Das Gefühl, dass da etwas Besonderes gewesen war, blieb. Etwas Magisches, Überirdisches. Na ja, aber ich sah ja sowieso überall Gespenster.

Nachdem ich die Wiese verlassen hatte, kam ich auf die gemütliche, geräumte Teerstraße des Dorfes. Als erstes sah ich am schwarzen Brett etwas hängen. „Hundesitter für einen Tag“ stand darauf. Darunter war geschrieben, dass wer sich für einen Hund interessierte doch gerne mal mit einem Gassi gehen und sich beschäftigen sollte. Nachdenklich stand ich da. Nicht dass ich einen Hund unbedingt wollte. Nein, ich hatte sogar Angst vor Hunden. Ich hatte nie ein schlechtes Erlebnis oder so gehabt. Aber ich hatte nie viel mit Hunden zu tun gehabt. Und deshalb waren sie mir, vor allem die großen, äußerst unheimlich. Aber vielleicht… konnte ich dabei meine seltsame Angst verlieren. Ich zog mein Handy heraus und gab die angegebene Nummer ein. „Tierheim Apfelberg“, meldete sich eine weibliche Stimme. „Hallo, ich bin Julia Maier, ich wollte nur mal wissen ob das mit Hundesitter für einen Tag noch gilt?“, antwortete ich. „Ja, natürlich. Wollen Sie das denn machen?“, die Frau klang glücklich. „Jaa…“, erwiderte ich langgezogen. „Aber ich habe ein wenig Angst vor Hunden…“ Das war nun leider untertrieben. Ich hatte eine riesige Panik vor ihnen. „Oh, ich glaube dann brauchen wir gar nicht alle Hunde auszuprobieren“, meinte die Dame. „Sweet Honey ist perfekt. Sie ist schon neun Jahre alt und perfekt für ängstliche Leute.“ Ich nickte, bis mir auffiel, dass sie das ja gar nicht sehen konnte. „In Ordnung“, sagte ich dann. „Heute um drei im Tierheim?“, fragte die Frau. „Ja“, antwortete ich. „Das passt.“ Jetzt legte ich auf und ging weiter. Ob der Hund wirklich so brav war? Hoffentlich. Sonst war ich nämlich am Ende. Ein wilder Hund und ich… das passte einfach nicht.

Ich trat in die Bäckerei wo eine sehr kompakte Frau gerade frisches Brot aus dem Ofen holte. „Sie wünschen?“, fragte sie. Ich bestellte drei Semmeln, zwei Croissants und eine Brezel. Bald bekam ich alles und konnte zahlen. Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Wieder auf der Wiese sah ich mich überall um, konnte aber nichts sehen, was auf irgendwas hindeutete. Keine Frau im Kleid und kein hübscher Schimmel. Am Haus angekommen steckte ich den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn. Ich trat ein und zog meine Stiefel und meinen Mantel aus. Flora hatte bereits den Tisch gedeckt und holte gerade eine Schüssel wo ich alle Dinge vom Bäcker reinschüttete. „Lecker!“, rief Laura und nahm sich gleich die einzige Brezel. Ich wählte als erstes eine Semmel und bestrich sie dick mit Butter und Marmelade. „Ich gehe heute mit einem Hund spazieren“, sagte ich nach drei Bissen. Flora sah mich erstaunt an. „Du? Ich dachte du hast Angst vor Hunden…“ Ich nickte. „Ja, aber wenn jetzt bald Lauras Hund hier einzieht, sollte ich mich vielleicht daran gewöhnen. Oder?“ Flora nickte und Laura sagte: „Wenn ich alles geklärt habe, kann ich Flip in ein paar Tagen abholen.“ „Cool!“, rief Flora. Ich war nicht ganz so begeistert. Ein alter, gemütlicher Hund war ja in Ordnung. Aber so ein Hüpfer wie Laura ihn unbedingt wollte… na ja…

Ich brachte meinen Teller weg und rief: „Ich geh jetzt los!“ Laura und Flora nickten, und ich schlüpfte in meine Reitstiefel. Dann trat ich aus der Tür. Inzwischen war die Straße geräumt worden, weswegen ich es leicht hatte. Ich ging die Teerstraße entlang und ging eher langsam vorwärts… Der Gedanke an Rubin bewirkte, dass mir geradezu übel wurde. Sie mochte mich nicht. Was hatte sie gegen mich? Nach einiger Zeit kam ich an die Ponykoppel. Der Schnee lag recht hoch und Mäxi Män versank fast im Schnee. Und da… ich traute meinen Augen nicht. Mit den Händen rieb ich mir rüber. Da kam ein großes Pony einfach so auf mich zu gestürmt. Nein, dass konnte sie nicht sein… oder etwa doch? Rubin stieß ein lautes, lebensfrohes Wiehern aus und stoppte kurz vorm Koppelzaun. Konnte es so einen Sinneswandel innerhalb einer Nacht geben? Ich glaubte zu träumen. Tränen der Rührung schossen mir in die Augen. Die samtweiche Nase schnupperte in meinem Gesicht herum… Sie kam auf meiner Schulter zum liegen. Ich versteckte den Kopf in ihrer Mähne und in diesem Moment war ich glücklicher, glücklicher als jedes Lebewesen auf der Welt…

„Meine Süße…“, murmelte ich. „Mein eigenes Pony… und jetzt wirklich…“ Jetzt sah ich mir die anderen Ponys an. Der Wusler, also Magic Thunder, schien mit dem Schnee und seine Gangart nicht so ganz klarzukommen… Jedenfalls machte er zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, drei normale Galoppsprünge. Das schien allerdings nicht zu klappen und er stürzte in den Schnee um sich kurz darauf gründlich zu wälzen… A Princess, stand im tiefsten Schnee und döste gemütlich… Lucy de Caramell lag im Schnee und döste ein wenig. Paradise spielte mit ihrer besten Freundin Zwiebel fangen durch den Neuschnee. Und… hoppala! Hatten wir ein neues Pferd? Ein Tinker prustete fröhlich und vollführte auf der Koppel die lustigsten Bocksprünge. Ich musste Lilly oder Lucy nachher mal unbedingt fragen, wie die Kleine hieß. „Okay“, sagte ich zu Rubin. „Ich hole jetzt das Halfter und dann schauen wir mal, wie es heute klappt…“

Ich ging weiter auf den Hof. Lucy kam mir entgegen. „Hey“, rief sie. „Hi“, begrüßte ich sie ebenfalls. „Wer ist denn der neue Tinker?“, fragte ich. „Das ist Lady of my Life“, antwortete Lucy. „Sie ist süß, nicht?“ Ich nickte. „Übrigens, Rubin hat mich begrüßt!“, rief ich aufgeregt. Lucy riss die Augen auf. „Nach dem Theater, was sie gestern geliefert hat?“ Fragte sie. Ich nickte. „Ja, wenn ich bloß wüsste woher ihr plötzlicher Sinneswandel kommt…“ Lucy lachte und sagte dann: „Super!“, ich nickte fröhlich und ging dann weiter in die Stallgasse. In dem Moment klingelte mein Handy. Saskia rief an. Mist! Ich hatte sie weder Weihnachten, noch Neujahr angerufen… „Frohes neues Jahr!“, riefen wir genau im gleichen Moment. Dann bekamen wir einen Lachanfall. Ich ließ mich auf einen Strohballen fallen, da das Gespräch durchaus ein bisschen länger dauern könnte… „Wie geht’s dir so?“, fragte ich Sassi. „Super! An Weihnachten war es richtig super. Es gab zwar nicht furchtbar viele Geschenke, aber wir haben isländische Lieder gesungen und ich habe ihnen Oh Tannenbaum beigebracht.“ „Wow“, sagte ich. Aber eifersüchtig war ich nicht. Auch mein Weihnachten war super gewesen. Flora, Laura und ich hatten uns gegenseitig geschenkt und uns die Geschenke aus der Familie gezeigt. Das alles erzählte ich Sassi jetzt im Gegenzug. Auch sie freute sich für mich. „Und wie klappt es mit Rubin?“; fragte sie. Vor ein paar Tagen hatte ich mich bei ihr über meine kleine Ponystute ausgeheult. „Sie hat mich begrüßt!“, erzählte ich begeistert und meine Schwester freute sich mit mir. „Dein Geschenk war übrigens super“, bedankte ich mich noch. Saskia hatte mir ein Spiel namens So ist das! Geschenkt. Wir hatten es an Silvester zusammen gespielt und Flora hatte haushoch gewonnen. „Danke, deins auch“, meinte Sassi. Ich hatte ihr ein Buch über die Pferdeaufzucht geschenkt. Schließlich plante sie eines der Fohlen, die im nächsten Frühling geboren würden mit zu sich nach Hause zu bringen.

Nach einiger Zeit verabschiedeten wir uns und legten auf. Ich ging zu meinem Spind und holte das dunkelrote Halfter raus. Dann ging ich zurück zur Koppel. Meine Schecke hatte am Zaun gewartet und ließ sich jetzt brav das Halfter anziehen. Wie war dieser plötzliche Sinneswandel nur möglich? Ich band meine Stute am Putzplatz an und holte den Putzkasten. Gründlich striegelte ich mein Pony und holte dann den Sattel. Ich legte ihn auf und gurtete leicht an. Als ich auch getrenst hatte, ging ich in Richtung Reithalle. Der Platz war verschneit. Momentan hatte ich die ganze große Halle für mich allein. Ich gurtete nach, ließ mir die Bügel runter und saß auf. Am langen Zügel ritt ich außen rum. Als ich am Fenster vorbei ritt, fuhr ein Traktor dort. Ich nahm wie automatisch die Zügel kurz, und oh Wunder! Sie machte nur einen kleinen Seitenhüpfer und drei Galoppsprünge vom Fenster weg. Nach einiger Dressurarbeit im Schritt, ließ ich sie antraben. Ihre weichen Bewegungen und ihr freundliche, leicht zu reitende Art, waren einfach traumhaft… und ich spürte endlich, nach langer Zeit, wieder das Gefühl, dass wir zusammen gehörten…

Mit einer leichten Bewegung lenkte ich sie auf den Zirkel und ritt noch ein paar andere Bahnfiguren, bevor ich sie in der Ecke angaloppieren ließ. Es war traumhaft auf ihrem Rücken zu sitzen und alle Welt zu vergessen. Ich gab ein wenig Druck und sie wurde schneller und schneller. Es schien, als stießen wir an den Himmelsrand. Nach ein paar Runden ließ ich sie durchparieren und noch Schritt gehen. „Keine Angst Süße“, sagte ich. „Wir sind noch nicht fertig, aber ich wollte dich noch longieren oder so.“ Nach dem abreiten, saß ich ab und führte sie zum Putzplatz. Ich sattelte ab, ließ die Trense jedoch drauf. Dann holte ich aus meinem Spind die dunkelrote Longe und Longierpeitsche. Ich befestigte sie an der Trense und führte sie auf den Round Pen. „Ob das klappt?“, murmelte ich. Ich ließ die Longe an und meine kleine Ruby senkte den Kopf. Entspannt und mit halbgeschlossenen Augen, lief sie außenrum. Nach ein paar Runden gab ich ihr einen Wink mit der Peitsche und sie trabte sofort an. Ich war so stolz auf sie… Auch im Trab benahm sie sich wunderbar. Mein Pony… mein eigenes Pony… Ich schnalzte aufmunternd und schwang leicht meine Peitsche. Sofort setzte sie sich in Galopp. Super! Ich freute mich unbändig. Was hatte ich eigentlich gedacht? Das es gar nicht klappen würde? Na ja gut. Ich arbeitete noch auf der anderen Hand und holte sie dann zu mir rein.

Als ich Ruby am Halfter in den Stall führte, dachte ich noch mal darüber nach, dass sie sich jetzt ganz anders zu mir benahm. Gab es so einen Sinneswandel wirklich? Und wenn ja, wie war das ausgerechnet jetzt passiert? Jetzt stupste sie mich an. Das hieß auf gut Deutsch: Gib mir eine Möhre! Ich lachte und zog ein Leckerli aus der Hosentasche. „Hier, tut mir Leid ich habe nichts anderes“, entschuldigte ich mich bei meiner Ponystute. In der Box ließ ich sie vom Halfter und gab ihr noch einen Kuss auf die Nase… dann drehte ich um und ging aus dem Stutenstall. Ein Blick auf die Uhr, verriet mir, dass ich bis drei noch massig Zeit hatte. Was konnte man so lange noch machen? Sollte ich Lucy oder Lilly fragen, ob ich noch jemanden bewegen durfte? Da erklang aus dem Hengststall ein lautes, verzweifeltes Wiehern. Es schien zu sagen: Sperrt mich hier nicht ein! Ich habe nichts getan! Erschrocken und mit schnellen Schritten ging ich zum Hengststall. Hatte ein Pferd sich verletzt? Ich musste bis zur letzten Box gehen um den Übeltäter zu sehen. Ein wunderschöner, wie nannte man das? Ich dachte an die Palominos mit dunklerer Mähne. Jetzt hatte ich es! Amber Champagne hieß die wunderschöne Farbe. Er hatte leuchtende Augen und schien sonst ein eher lustiges Pferd zu sein. Aber jetzt war er in seiner Wut und Panik selbst verfangen. Er stieg in der Box und trat überall hin. Die dunklen Augen schienen zu sagen: „Auf in den Kampf!“ Was sollte ich tun? Die Box öffnen ging nicht. So verängstigt wie das Pferd war, konnte das mein Tod sein. „Hey du“, flüsterte ich. Der Blick kam zu mir, aber der Hengst tobte weiter. Ich überlegte was ich sagen sollte. „Du musst da nicht für immer drin bleiben… morgen früh kommst du sicher wieder auf die Koppel. Die wild durcheinander schlagenden Hufe wurden ruhiger. Er stand wieder auf vier Beinen. „Genau“, sagte ich mit tiefer Stimme und streckte ihm meine Hand zum Beschnuppern hin. Er begann zu schnuppern und ich konnte ihm über den wohlgeformten Kopf streicheln.

King of Glory, stand auf dem Boxenschild. König der Herrlichkeit. Und das stimmte. Sein wunderschönes Fell und sein zierlich gebauter Körper war wirklich herrlich. Wildpferderettung 2012 stand noch darunter. „Ein Wildpferd…“, flüsterte ich. Er war so wild und gleichzeitig so freundlich. Moment! Ich dachte nach kaum zwei Monaten schon über Familiennachwuchs nach. Also, das war doch verrückt! Ich konnte mir Rubin gerade so leisten. Und wenn überhaupt, sollte ich mir vielleicht ein Pferd kaufen, dass man ins Gelände reiten konnte. Und das, war ja wohl mit beiden noch nicht möglich. Nach einem kleinen Halsklopfen und hinter den Ohren kraulen verließ ich den Hengst. Und machte mich auf den Weg zum Tierheim. Es war kein weiter Weg, weswegen ich bald dort ankam. Es war ein kleines Gebäude mit einem leuchtend roten Dach. Ich hörte Hundekläffen aus dem Haus. Beinahe wäre ich umgedreht. Man Julia! Sprach ich in Gedanken zu mir selber. Hunde sind auch Lebewesen und die werden dir schon nichts tun! Ich drückte zögernd auf die Klingel. Der Türöffner surrte und ich trat ein. Das Bellen wurde lauter und aufgeregter. Eine junge Frau kam aus einer Tür auf der Büro stand, woraus sich schließen ließ, dass das ein Büro war. „Hallo, Sie sind Frau Maier oder?“, fragte sie und ich nickte. Es war schon seltsam mit seinem Nachnamen angesprochen zu werden. „Ich bin Mira“, stellte sie sich vor. „Ich bin Julia, du kannst mich ruhig duzen“, sagte ich. „Okay“, sie grinste mich an und öffnete die Tür zu den Zwingern. Im ersten sprang ein mittelgroßer Hund aufgeregt kläffend herum. Unsicher drückte ich mich an die Wand und hielt mich möglichst fern von den Zwingern. „Keine Angst, Flip tut zwar immer so, aber er tut nichts.“ Das war also Flipper. Und der sollte bald bei uns einziehen? Na gut… Schon im zweiten Zwinger schlief ein hübscher, älterer Golden Retriever. „Und das ist unsere Honey. Sie wartet schon seit ein paar Jahren hier auf einen Besitzer. Die meisten Leute wollen junge Hunde.“ Mira seufzte und öffnete die Zwingertür. Der Hund erhob sich langsam und kam auf mich zu. Unsicher sah ich mich nach Mira an. So nahe sah selbst dieser Hund sehr bedrohlich aus. Mutig hockte ich mich hin und streckte die Hand aus. Honey kam auf mich zu und beschnupperte sie erstmal ausgiebig. Sie war eher klein und sehr süß. Trotzdem spürte ich einen ziemlichen Respekt vor ihr. Leicht streckte ich die Hand aus und ließ sie über den Kopf streichen. Das schien ihr zu gefallen und sie setzte sich hin. Ich strich fester und sie entspannte sich. Dann legte sie sich hin und ließ ihren Kopf auf meinen Schoß fallen. Sie schloss die Augen und entspannte sich. Und sie versuchte nicht mich zu beißen!

Zehn Minuten später stand ich mit der Hündin an der Leine vorm Tierheim. „Um sieben bringe ich sie wieder“, sagte ich und Mira nickte. Wir verabschiedeten uns und ich ging mit der Hündin los. Es war erst einmal ein seltsames Gefühl einen Hund neben sich zu haben. Von denen hatte ich mich doch früher immer lieber ferngehalten. Aber tatsächlich machte es mir eher Spaß. Honey war ein süßer Hund, der nicht an der Leine zog. War doch super! Bei einem wilden Hund wäre es wahrscheinlich eher nicht so gut gegangen. Aber mit der kleinen Honey war es kein Problem. Es machte sogar richtig Spaß mit ihr spazieren zu gehen. „Machen wir erst einen Spaziergang und gehen dann zu mir“, sagte ich fröhlich und es schien als würde sie mir zustimmen. Wir bogen kurz darauf in den Wald ab. Sie von der Leine zu lassen, traute ich mich noch nicht. Wir kannten uns ja noch kaum. Aber ich machte die Flexileine die Mira mir gegeben hatte lang und Honey begann aufgeregt zu schnuppern. Ein eigener Hund… wenn er so brav war wie Honey, war das vielleicht gar nicht so schlecht. Aber… ich hatte genug mit meiner Rubin zu tun. Meine Gedanken wanderten wieder zu King of Glory. Der wunderschöne, königliche Hengst hatte es mir wirklich angetan. Aber er war auch unheimlich hübsch und schön. Trotzdem konnte ich mir wohl eher kein zweites Pferd leisten. Als wir durch den halben, verschneiten Wald durch waren, sah ich hinter den Bäumen wieder etwas. Diese junge Frau im langen Kleid und dem hübschen Schimmel. Ich kniff die Augen zusammen und die beiden verschwanden wieder. Da war doch was faul! Eine Fata Morgana konnte es im Winter ja schlecht sein. Nachdenklich gingen wir weiter durch den Wald. Also ich war nachdenklich. Honey interessierte sich nicht dafür. Als wir wieder heraus aus dem Wald kamen, war da schon die Teerstraße vor Lindenweg 18 in Sicht. Wir kamen dort an und ich zog meinen Haustürschlüssel hervor. Ich schloss auf und trat ein.

Drinnen löste ich die Leine und hängte sie an die Garderobe. Honey begann gleich neugierig das Haus zu durchsuchen. Laura und Flora waren offensichtlich noch im Stall. Erstmal sah ich mir neugierig an, wie die Hündin das Haus durchsuchte. Und ich hatte tatsächlich keine Angst. Es war mehr ein schönes Gefühl. Nach einiger Zeit ließ ich mich aufs Sofa fallen. Honey kam zu mir und legte den Kopf auf meinen Schoß. Ich begann sie hinter den Ohren zu kraulen. „Ja, du bist eine Hübsche…“, flüsterte ich ihr zu und gab ihr einen Kuss auf die Nase. Früher, beziehungsweise vor weniger als eineinhalb Stunden hätte ich mich dass nie getraut. Es klingelte. Schnell ging ich zur Tür und öffnete. Laura und Flora standen zitternd vor Kälte da. Ich bemerkte das draußen inzwischen ein wahrer Schneesturm tobte. Dicke Flocken wurden herumgewirbelt. „Kommt rein“, sagte ich eilig und die beiden drängten sich ins warme. „Soll bis morgen früh so schneien“, flüsterte Flora. „Ob wir dann noch aus dem Haus kommen?“, scherzte Laura und ich kicherte. „Zieht ihr euch was warmes an, ich mache uns Tee“, bemerkte ich. Die beiden taten mir doch ziemlich Leid. Sie nickten und gingen zu ihren Schlafzimmern. Ich machte ein bisschen Tee und Honey legte sich gemütlich unter den Tisch. Sie war ein sehr einfacher Hund. Und kein solcher Flipper, na wie eben Flipper. Den Tee füllte ich in Tassen ab und stellte die auf den Tisch. In der roten Plätzchendose waren sogar noch ein paar Weihnachtsplätzchen.

Wenige Minuten später saßen wir gemeinsam am Küchentisch und tranken Tee. „Willst du Honey ernsthaft gleich noch zurückbringen?“, fragte Laura. Ich nickte entschieden. „Natürlich!“ „Du bist verrückt!“, Flora sah mich verwirrt an und die beiden versuchten mich noch zum hierbleiben zu überreden. „Ich werde schon nicht weggeweht.“ Sagte ich lachend. Aber tief in mir drin hatte ich doch ein bisschen Schiss jetzt raus in den Schneesturm zu gehen. Aber ich war ja Bodenständig und irgendwo musste auch noch meine Skibrille sein… als wir ausgetrunken hatten, ging ich in mein Schlafzimmer und durchsuchte meine Kramkiste. Ganz unten lag tatsächlich noch eine Skibrille vom letzten Skiurlaub. Ich schlüpfte in meinen warmen Mantel und zog die Reitstiefel an. Honey kam zu mir gelaufen und ich befestigte die Leine. „Tschüss!“, rief ich. Aber die anderen schienen mich nicht zu hören. Ich trat aus der Tür und wünschte sofort ich wäre drin geblieben… Honey schien auch nicht glücklich mit dem Schneesturm. Wir wurden schon nach den ersten Schritten fast weggeweht. Ich war glücklich über die Skibrille, sonst wäre ich höchstwahrscheinlich sofort schneeblind geworden. Der Wind wehte uns entgegen und wir wurden eher rückwärts als vorwärts gedrängt. Aber hier bewies Sweet Honey ihre Nervenstärke. Sie ging entschlossen weiter geradeaus und ich stolperte mühevoll hinterher. Aber ich vertraute ihr. Und plötzlich spürte ich, dass ich überhaupt keine Angst mehr vor Hunden haben würde. Nie wieder…

Nach einem mühsamen Durchackern standen wir schließlich vor der Tür zum Tierheim ich klingelte und Mira öffnete. „Hallo!“, sagte sie ziemlich erstaunt. „Bist du wirklich durch den Schneesturm gekommen?“ Ich nickte. „War aber schrecklich“, bemerkte ich und ging mit Sweet Honey ins schön geheizte Tierheim. „Ich muss gleich wieder weg“, meinte ich entschuldigend und entließ die Hündin in den Zwinger. Irgendwie tat sie mir unheimlich Leid. Und ich entschied sie sobald ich genug Geld hatte, mir die kleine Hündin zu kaufen. „Dauert nicht mehr lange“, flüsterte ich ihr zu. Ich verabschiedete mich schnell von Mira. Es tat mir Leid, dass ich so im Stress war, aber Laura und Flora machten sich sicher schon ziemliche Sorgen. Ich öffnete die Tür zum Tierheim und ging raus. Draußen blieb ich kurz stehen und machte meine Schneebrille sauber. Da sah ich die Reiterin wieder. Sie ritt mit ihrem Schimmel im vollen Galopp über die Straße und zog aus sauberen Schneeflocken einen Schriftzug hinter sich her. Schneekönigin war zu lesen…

Danke. :D

Cooler Bericht!
@Lilly: Wohl kaum; ich hab die gleiche Punktzahl XD

:)))

Danke!
Oh ein Haustier! :D