Fertige Aufträge » Voltigieren mit Lina

Endlich durfte ich mal wieder ein Kind unterrichten. Ein sechsjähriges Mädchen namens Lina, sollte heute eine Reitstunde bekommen. Also besser gesagt eine Voltigierstunde. Ich war schon ein paar Minuten früher im Stall, um alles fertig zu machen. Im Reitstundenplan war Kalinka für uns eingetragen worden. Ich ging aus der Sattelkammer wo der Plan hing auf den Hof. Im Gleichen Moment fuhr ein kleiner Fiat durchs Tor. Die Tür flog auf und ein kleines Mädchen mit braunen Zöpfen kam herausgehüpft. In einer Hand hielt sie ihr Reitzeug, in der anderen einen Geldschein. Suchend sah sie sich um und ich ging auf sie zu. „Hallo“, sagte ich freundlich und streckte ihr die Hand hin. „Ich bin Julia. Du hast Voltigierstunde oder?“ Das Mädchen nickte. „Ja“, sagte sie. „Ich bin Lina.“ Ich lachte und wir gingen in den Stall. „Dann wollen wir doch gleich mal die Kalinka holen oder?“, fragte ich. „Ja!“, rief sie fröhlich. Ich wusste, dass sie bei Katha und Lucy schon mal ein paar Stunden auf Kalinka gehabt hatte. Kalinka war auf der Koppel, weshalb ich schnell das Halfter vom Haken nahm und wir uns auf den Weg zur Koppel machten. Dort angekommen öffnete ich das Tor und wir gingen rein. „Weißt du wie man ein Halfter anlegt?“, fragte ich sie. Lina nickte unsicher. „Probiers einfach mal. Fehler machen ist erlaubt“, sagte ich grinsend und Lina lachte auch. Zum Glück senkte die brave Kalinka sofort den Kopf und Lina streifte ihr das Halfter über. „Super!“, lobte ich, denn es war tatsächlich richtig. „Willst du führen oder soll ich?“, fragte ich sie. „Ich!“, Lina nahm begeistert den Führstrick von Kalinka und ich zeigte ihr noch schnell an welcher Seite sie gehen sollte. Jetzt fing ich an Fragen zu stellen. „Voltigierst du eigentlich als Vorübung zum reiten?“, fragte ich Lina. „Ja“, Lina nickte. „Weil man hier doch erst ab sieben reiten darf.“ Fügte sie noch hinzu. Ich nickte. Wir waren am Putzplatz ankommen und ich band Kalinka schnell fest. „Weißt du denn wie man putzt?“, erkundigte ich mich. Stolz nickte sie mal wieder. Irgendwie nickten wir beide heute oft. Na ja, war ja erlaubt. Wir nahmen beide einen Gummistriegel aus der Kiste und ich fing rechts, sie links an. Tatsächlich machte sie es schon recht gut, aber als kleines Kind hat man eben noch nicht so viel Kraft um allen Dreck rauszubekommen. Da Kalinka aber sowieso nicht sehr schmutzig war, waren wir bald fertig und holten Sattel und Trense. Lina trug die Trense, da der Sattel noch zu schwer für sie war. Ich sattelte und trenste Kalinka auf und holte meine private Longe und Longierpeitsche. Denn die in der Halle war seit einiger Zeit auf seltsame Weise verschwunden… in der Halle angekommen ließ ich Kalinka die Longe lang und die Stute ging entspannt im ruhigen Schritt um mich herum. „Jog doch mal durch die Halle eine Runde um warm zu werden“, sagte ich zu Lina und die fing an. Nach zwei Runden, dass war für eine Sechsjährige ziemlich viel, waren beide warm und ich holte Kalinka in die Mitte. „Da kommst du noch nicht alleine hoch oder?“, fragte ich Lina. Die schüttelte den Kopf. „Aber auf Passepartout komm ich!“, fügte sie hinzu und ich lachte. „Super!“, bemerkte ich und warf sie dann mit Räuberleiter hoch. Lina begab sich sofort in den üblichen Voltigiersitz, so dass ich nicht viel sagen musste. Das Mädchen war echt begabt. Nach ein paar Runden in denen sich die beiden aneinander angepasst hatten, fing ich mit einfachen Übungen an. „Lass doch einfach mal die Arme los und streck sie auseinander. Lina die ja öfter den kleinere Passepartout geritten war, war etwas unsicher, machte es aber trotzdem. „Super!“, lobte ich sie und sie schien sich zu freuen. „Jetzt schwing die Arme mal geradeaus“, sagte ich. Da alle Schulpferde gestern geimpft worden waren, konnten wir leider nur Schritt gehen, aber das reichte ja auch. Lina machte auch das Arme schwingen gut, so dass ich langsam schwierigere Übungen machen konnte. „Hast du schon mal die Mühle gemacht?“, fragte ich. Lina hielt sich nicht mit ja oder nein sagen auf, sondern fing gleich mit der Mühle an. Da sie eh schon jetzt sehr sportlich war, streckte sie die Beine schön und ich hatte auch jetzt nur lobende Worte. „Willst du mal versuchen dich hinzuknien?“, fragte ich freundlich. Meine Reitschülerin nickte und schaffte auch das Knien toll. Ich wusste, dass sie sogar schon im Galopp trainierte, aber das ging ja heute leider nicht. Wir arbeiteten noch ein bisschen am Knien und schneller als ich dachte, waren wir auch schon fertig. Man, war die Stunde schnell vergangen. „Wir sind schon fertig!“, rief ich überrascht und holte Kalinka in die Mitte. Lina saß ab und wir führten die Stute zum Putzplatz. Es musste schnell gehen mit absatteln, denn wir waren eh schon sehr spät dran. Gerade als wir Kalinka in die Box führten, kamen Linas Eltern. „Tschüss!“, verabschiedeten wir uns und Lina ging zum Auto.

Ich wollte noch fragen, ob ich vielleicht öfter Kinder unterrichten dürfte? Das macht irgendwie mehr Spaß...