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#1 | Bericht 4-Ein fraglicher Plan datum

14.12.2012 22:38

Bericht 4- Ein fraglicher Plan (freigegeben ab 12 :p)

Ich wachte auf und sah mich um. Ich war nicht in meiner Wohnung, ich hatte in dem alten Bauernhaus übernachtet. Hier wohnte ein älteres Ehepaar, deren Hobby es war, den kleinen Bauernhof zu betreiben. Ich durfte bei ihnen übernachten, das Ehepaar freute sich, Besuch zu haben, und die ältere Dame, sie hieß Hildegard, hatte sich gut um mich gekümmert. Sie hatte immer wieder gefragt, ob ich denn etwas essen wolle, und wenn ich verneinte, bot sie mir kurze Zeit später wieder etwas zu essen an, weil sie meinte ich sähe so ausgehungert aus. Irgendwann hatte ich dann doch eine Kleinigkeit gegessen.
�Guten Morgen Mädchen, bist du aufgewacht?� Hildegard rief mich. Sie meinte außerdem, dass es jetzt Frühstück geben würde. Ich murmelte ein leises �Guten Morgen�. Dann streifte meine Sachen von gestern über und bemerkte, dass Hildegard sie gewaschen hatte, dabei fiel mir auf, dass meine Hand wehtat. Da Ian mich gestern, wegen meiner Hand, zu einem Arzt gebracht hatte, wusste ich jetzt, dass meine Hand angestaucht war. Der Arzt hatte mir einen Verband um die Hand gemacht und gesagt, ich dürfte eine Woche nicht mehr reiten oder meine Hand belasten.
Ich ging nach unten, in die alte Küche, wo Hildegard schon ein kleines Frühstück, bestehend aus Spiegelei, Brot und Käse, für mich vorbereitet hatte. Ich lächelte die alte Frau dankend an und nahm mein Frühstück hungrig entgegen, es schmeckte ziemlich lecker und ich dankte Hildegard für das gute Frühstück, außerdem kündigte ich an, dass ich sie nicht länger stören wollte, und daher in einer halben Stunde gehen würde. Worauf Hildegard nur meinte dass sei vollkommen in Ordnung und dass ich sie nicht gestört habe. Ich ging nach diesem kurzen Wortwechsel hoch in das Gästezimmer, ich faltete die Bettdecke zusammen und schüttelte das Kissen auf, sodass das ganze Zimmer wieder relativ ordentlich aussah. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, also verabschiedete ich mich von Hildegard und ihrem Mann, der übrigens Walter hieß, dann ging ich weg. Mir fiel wieder ein, dass Ian mich unbedingt mit seinem Auto um elf Uhr abholen und mich anschließend nach Hause fahren wollte. Normalerweise fuhr ich nicht bei jemand fremden im Auto mit, aber Ian hatte gestern einen sehr sympathischen und vertrauenswürdigen Eindruck auf mich gemacht, außerdem hatte ich nicht mehr die Kraft gehabt irgendjemandem zu widersprechen. Als ich das Haus von Hildegard und Walter verlassen hatte war es viertel vor elf gewesen, also musste Ian gleich kommen. Aber er kam nicht. Ich wartete. Es musste längst nach elf sein, aber Ian kam immer noch nicht. Und ich wartete immer noch. Konnte man niemandem mehr trauen, nicht mal einem Versprechen? Aber Ian musste kommen, es war sogar sein eigener Vorschlag gewesen, mich vor dem Haus von Walter und Hildegard abzuholen. Es war eine gefühlte halbe Stunde nach elf und ich begann mir langsam Sorgen zu machen, was, wenn Ians Auto zufällig keinen Sprit mehr hatte, oder schlimmeres? In meinem Kopf tauchten Bilder auf, ein kaputtes Auto, ein gutaussehender, junger Mann, sein Name ist Ian, er liegt in dem kaputten Auto, sein Körper ist blutüberströmt, meine eigenen Gedanken waren mir unheimlich und ich setzte mich (mal wieder) auf den Waldboden. Ich versuchte die Gedanken und Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen, doch es ging nicht. Okay okay okay, jetzt sollte ich mich erstmal beruhigen. Und was jetzt? Es schlichen sich noch schlimmere Bilder in meinen Kopf. Ich drehe noch durch!!! Sosehr ich mich auch anstrengte, die Bilder ließen sich nicht verdrängen. Wann kam Ian endlich? Ich war mir gar nicht mehr so sicher, ob er überhaupt noch kommen würde. Ich stand wieder auf und tigerte wild umher. Es musste mittlerweile knapp viertel vor zwölf sein. Plötzlich hörte ich den starken Motor eines Geländewagens näher kommen, vielleicht war das ja Ian. Ich drehte mich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Es war tatsächlich Ian! und sein Auto war nicht kaputt, er war auch nicht verletzt, sondern sah genauso gesund aus wie gestern. Ian strahlte mich mit einem freudigen und gleichzeitig entschuldigendem Lächeln an. Er kurbelte das Fenster runter �Hi Cloe. Sorry das ich so spät bin, wenn du im Auto sitzt sag ich dir auch warum.� Ich stieg ein und nahm auf dem Beifahrersitz platz, ohne Ian anzuschauen. Er fuhr los und fing gleichzeitig an zu sprechen: �Jetzt willst du wahrscheinlich wissen, warum ich erst so spät gekommen bin, also das war so: ich saß in meinem Auto und war auf dem Weg dich abzuholen, auf einmal springt vor mir so ein verrücktes, hellbraunes Pferd auf die Straße und blockiert den Weg. Wenn ich nicht wüsste, dass es hier in der näheren Umgebung keine Wildpferde gibt, hätte ich es für ein Wildpferd gehalten. Auf jeden Fall war da dieses Pferd, ohne Sattel oder Zaumzeug, es hatte nicht mal ein Halfter oder etwas ähnliches� oh mein gott Cloe geht es dir nicht gut?� Ich war leichenblass geworden, das Pferd, das vor Ians Auto gesprungen war, war Cooper, ich wusste es einfach, es musste Cooper sein! Langsam drehte ich meinen Kopf in Ians Richtung und flüsterte fast: �Jetzt muss ich dir wahrscheinlich erzählen, warum ich wirklich im Wald übernachtet habe.�

Nachdem ich Ian die ganze Geschichte erzählt hatte, stiegen in mir wieder die Tränen hoch und ich fing an zu weinen, fast noch schlimmer als gestern. Worauf Ian mich (soweit das in einem Auto möglich war) etwas hilflos umarmt hatte und es hatte mich überraschender Weise ziemlich getröstet. Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, hatte Ian mir erzählt, dass er, als er Cooper gesehen hatte, sofort die Feuerwehr verständigt hatte, und wiederum hatte bei Nightwing angerufen, damit die letzteren das �verrückte Pferd� einfangen und zurück bringen konnten. Wenigsten ging es Cooper nach dieser etwas überstürzten Flucht wieder besser. Mir hingegen ging es immer schlechter, immer wieder schlich sich ein Wort in meine Gedanken: Allein� Cloe, du bist allein�.allein�.einfach allein. Aber vielleicht könnte ich mich mit Ian anfreunden. Nein das könnte ich nicht, alle Menschen, die mir je wichtig waren, wurden mir genommen. Vom Schicksal, wie Schläge ins Gesicht, immer wenn man denkt, es hat ein ende und jetzt wird alles besser, dann kommt der nächste Schlag und man muss sich erstmal selbst aufbauen und ordnen. Das hatte ich schon zwei mal getan: zum ersten mal, nach dem Tod meines Vaters, zum zweiten mal, nach dem Tod meiner Mutter. Aber ein drittes mal? Das könnte ich nicht schaffen. Jetzt hatte ich auch niemanden mehr, der mir helfen könnte, erst hatte mir Hanni geholfen, dann auch Tom, aber diese Zeiten waren vorbei. Ich war�allein. Jede neue Freundschaft würde auch scheitern. Meine ganzes Leben war zum scheitern verurteilt. Das war der Moment, an dem ich anfing, mir einen Plan auszudenken, einen ganz speziellen Plan, es würde alle glücklicher machen, dachte ich.

Der erste Teil meines Plans bestand darin, mich mit Ian zu treffen, am besten im Wald. Also fragte ich Ian, sobald er mich nach Apfelberg gebracht hatte, ob wir uns treffen könnten. Ian freute sich über die Idee, und wir verabredeten uns um 14.00 Uhr an dem Baum, wo er mich gefunden hatte. Jetzt hatte ich genau zwei Stunden Zeit um meinen Plan durchzuführen. Das hieß: ich musste mich etwas beeilen. Zuerst brauchte ich einen Klappstuhl, als ich den geholt hatte, musste ich den Klappstuhl erstmal irgendwie auf mein Fahrrad kriegen. Als das nicht funktionierte holte ich ein Seil, das ich später noch gebrauchen könnte, und knotete damit den Klappstuhl auf den Gepäckträger. Ich fuhr los. Ich hatte durch den Klappstuhl leichte Gleichgewichtsprobleme und konnte nur sehr langsam fahren. Ich sah auf mein Handy, das ich kurze zeit vorher geholt hatte, 13.47 Uhr, noch 13 Minuten. Ich trat kräftiger in die Pedale, und dann sah ich den Baum auch schon.
Ich stand vor dem Baum hatte den Klappstuhl schon aufgestellt und das Seil hing am Baum. Ich stellte mich auf den Klappstuhl und knotete eine Schlaufe in das Seil, wo ich schließlich meinen Kopf durchschob. Ian sollte nur die Polizei und die Zeitung verständigen, sodass alle von dem, was jetzt geschehen würde erfahren würden. Und das, was jetzt passieren würde, erforderte nur ein wenig Konzentration, ich sah ein letztes mal auf den Boden, dort lag, gut sichtbar der Brief, indem ich die Gründe für mein Verhalten aufgeschrieben hatte, ich würde nicht mehr mitkriegen, wie Ian den Brief öffnen würde. Ich atmete noch einmal tief durch und dann stützte ich mein ganzes Körpergewicht durch meinen Hals auf das Seil. Eigentlich müsste ich den Stuhl mit einem Ruck wegschubsen, aber ich ließ ihn langsam umkippen es würde dieselbe Wirkung haben, dachte ich.
Müsste ich jetzt nicht tot sein? Mein Hals tat weh, ich bekam keine Luft mehr! Anstatt mir kurz und schmerzlos das Genick zu brechen, musste ich jetzt lange und qualvoll ersticken. Ich würgte. Luft! Ich brauchte Luft! Ich sehnte meinen eigenen Tod noch mehr herbei als vorher. Ich versuchte erneut irgendwie an Sauerstoff zu kommen, als alles schwarz wurde, das letzte, was ich wahrnahm war das entfernte Brummen eines Geländewagenmotors.